Impuls 003 - Gefühle verstehen lernen -
Teil I
Wir
können unser
Bewusstsein in drei
Qualitätsstufen
unterteilen:
- Phlegma,
Unbewusstheit
- Raumbewusstsein
(offenes, weites Erleben)
- Veränderungsbewusstsein
(fokussiertes, planmäßiges Verändern)
Im
Phlegma sind wir unbewusst und haben die Gefühle
abgespalten oder verdrängt. Vielleicht haben wir auch noch gar
nicht gelernt,
zu fühlen. Fühlen lernen heißt, sich seiner
Gefühle bewusst zu werden. Jeder
Mensch wird durch vor-emotionale Impulse angetrieben, doch nicht alle
können
einen Impuls, Trieb oder Affekt in sich bewusst zu einem
Gefühl ausreifen
lassen. Dies geschieht durch das Zusammenspiel von:
1. Bauch
–
Impulse, Triebe, Affekte, Reflexe
(„Reptiliengehirn“)
2. Herz
–
Gefühle, Emotionen („limbisches System“)
3. Kopf
–
Verständnis, Gedanken, Überlegungen
(„Großhirnrinde“)
Um
unsere Bauchebene brauchen wir uns nicht groß zu
sorgen. Die funktioniert seit Urzeiten und braucht auch nichts
dazulernen.
Das
Herz benötigt Zeit und Frieden, damit es einen
offenen Spürraum bilden kann. Stress, Hektik und Abwendung
sind dabei klare Gegenspieler.
In uns zu ruhen heißt, unsere impulsiven An-Triebe und
Reflexe in uns zu einer bewegten
Ruhe zu bringen, ohne sie zu ignorieren, zu dämpfen oder
schönzureden. Dadurch
reifen sie zu Gefühlen aus.
Diese
Gefühle können vom Kopf aus erkannt und
verstanden werden. Da unser Verstand aber nur denken und nicht
fühlen kann,
brauchen wir etwas: Passende Worte und Begriffe
für die Gefühle und Emotionen.
Bei
angenehmen Gefühlen können wir das offene und
weite Raumbewusstsein meistens gut halten. Wir genießen,
schwelgen und erleben.
Werden angenehme Gefühle jedoch zu intensiv, ziehen wir uns
erschreckt zurück.
Unangenehme
Gefühle erwecken einen abwehrenden
Reflex, der uns in das Veränderungsbewusstsein
befördert, bevor aus dem Impuls
ein Gefühl heranreifen konnte. Wir handeln dann impulsiv und
getrieben. Leider
kann der Verstand Impulse noch schlechter wahrnehmen als
Gefühle. Deshalb
bleibt uns selbst diese Tatsache meistens verborgen, während
andere das von
außen gut erkennen mögen.
Im
Veränderungsbewusstsein steht eines für uns fest:
Etwas werden wir oder wird sich verändern müssen. Bei
unangenehmen Emotionen
kann das ein ganz konkreter Lösungswunsch oder eine abstrakte
Hoffnung auf
"Heilung", "Ruhe" oder "Ganzwerdung" sein.
Werden
wir uns
unangenehmer Gefühle bewusst, ist
das meist von einer spontanen Abwehrreaktion begleitet. Ohne diesen
Gefühlen
einen offenen Raum zur Bewusstwerdung geben zu können,
schalten
wir von spüren (Raumbewusstsein) auf lösen
(Veränderungsbewusstsein)
um. Wir wollen Glaubenssätze transformieren, das innere Kind
heilen, hemmende
Muster los werden oder uns mit den Eltern versöhnen. Jeder
machbare Ansatz ist
uns recht, nur spüren wollen wir dann nicht.
Genauso
wäre es möglich, statt dessen zu
dissoziieren, sich abzulenken und abzuwenden. Was wir allerdings nicht
schaffen, ist einfach die Ganzheit des Gefühls im
Raumbewusstsein lange genug zuzulassen,
so wie sie ist. Deshalb wird auch keine unserer vorschnellen Handlungen
aus der
Ganzheit einer entwickelten emotionalen Wahrnehmung kommen, sondern
immer nur eine
wegmachende, trennende "Lösung" anbieten.
Marshall
Rosenberg sagte dazu, dass wir erst
lernten müssten, unangenehme Gefühle zu
genießen, wollten wir es schaffen,
echte Nähe und Intimität in Beziehungen zu finden.
Jedes mal, wenn wir uns einem
Lösungsversuch zuwenden, um unangenehme Gefühle zu
beseitigen, wenden wir uns
in der selben Sekunde vom Menschen ab, der die Gefühle erlebt
– seien wir das
selbst oder jemand anderes.
Eine
echte Zuwendung zu einem Menschen bedeutet
unsere Offenheit, mit der wir seinen angenehmen und unangenehmen
Gefühlen in
uns Raum geben, ohne das Erlebnis durch Bewertungen oder
Veränderungsimpulse zu
schmälern. Das gilt genauso für uns selbst und unsere
eigenen Emotionen.
Aus
dem ganzheitlichen Gefühlserleben kommt eine
ganzheitliche Dynamik in Gang, die stimmig verändert. Wir
handeln aus dem
Gefühl heraus und doktern nicht am Gefühl herum.
Bestimmte
Wiederstandsgefühle werden
allerdings gesondert betrachtet, denn sie entstehen aus einer
vorherigen
Gefühlsabwehr. Diese Widerstandsgefühle sind Wut,
Ohnmacht und passive Sehnsucht.
Es macht für Anfänger wenig Sinn, diesen
Abwehremotionen Raum zu geben, da sie
uns von uns selbst entfremden und uns von unseren positiven Zielen
abhalten.
Wenn wir den inneren Widerstand fallen lassen, kommen wir auf die
ursprünglichen Gefühle zurück, die mit
positiven Zielen verbunden sind.
Emotionen
und Sinne zeichnen innere und äußere
Bewegungen in unserem Bewusstsein nach.
Bewusstes
Spüren erfordert Zeit. Die Unversehrtheit
einer Person hat immer Vorrang. Eine Gefahr erfordert spontanes
Handeln.
Deshalb unterscheiden wir zwischen gefährlichen und
unangenehmen Situationen.
Bei ersteren helfen uns die Abwehrreflexe, zu überleben. Bei letzteren hilft uns unser
Verstand, die den
Emotionen zugrunde liegenden Bedürfnisse zu erkennen und
intelligente
Strategien zu entwickeln. Das ist Übungssache.
Schickt mir Euere Gedanken, Ideen und
Impulse.
Liebe
Grüße,
Gabriel Fritsch